Kieler Gräzist erhält hochkarätigen Forschungspreis
Claas Lattmann für bahnbrechende Forschung zur Geschichte der Mathematik ausgezeichnet
Am Freitag, 3. Mai, erhielt der Kieler Gräzist und Privatdozent an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) Dr. Claas Lattmann den Bruno-Snell-Preis der Mommsen-Gesellschaft. Der mit 3.000
Euro dotierte Preis wird alle zwei Jahre durch den Verband der deutschsprachigen Forscherinnen und Forscher auf dem gesamten Gebiet der Griechisch-Römischen Altertumswissenschaften verliehen. Mit ihm werden vornehmlich junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für herausragende Forschungsergebnisse von interdisziplinärer Bedeutung und hoher Relevanz gewürdigt.
Claas Lattmann erhält den Preis für seine Forschungen zur theoretischen Fundierung der Mathematik als Fachwissenschaft im antiken Griechenland des 4. Jahrhunderts vor Christus. Insbesondere wurde er für sein Buch „Mathematische Modellierung bei Platon zwischen Thales und Euklid“ ausgezeichnet, mit dem er sich zu Beginn des vergangenen Jahres an der Philosophischen Fakultät der CAU habilitierte und das im März dieses Jahres beim Verlag De Gruyter (Berlin/Boston) erschienen ist.
Lattmann behandelt in seinem Werk einige der für die Entwicklung der antiken – und damit für einen wesentlichen Teil der modernen – Mathematik zentralen Fragen: Wann, durch wen, weshalb und mit welcher Art von Veränderung entstand die „klassische“ Form der Mathematik? Mit der klassischen Form der Mathematik wird die theoretische Fundierung nach Aristoteles (nach 350 vor Christus) und in ihrer praktischen Durchführung bei Euklid (nach 300 vor Christus) assoziiert. Hier gelingt es Lattmann durch ein neuartiges, hochkomplexes Forschungsdesign aus modernen modelltheoretischen Elementen, klassisch-hermeneutischen Interpretationsverfahren und historischer Quellenkritik, nachzuweisen, dass der Philosoph Platon zwischen 360 und 350 vor Christus in der theoretischen und methodologischen Fundierung der Mathematik – anders als die bisherige Forschung es ihm zubilligen wollte – eine zentrale Rolle gespielt hat. Nach Lattmanns zentraler Erkenntnis darf also Platon als Schöpfer von axiomatisch-deduktiver Mathematik gelten: Platon entwickelte eine neue Art, mathematische Probleme zu „modellieren“. Dass Platon dies nicht zum Selbstzweck, sondern zur Fundierung seines eigenen philosophischen Programms entwarf, zeigt Lattmann schließlich durch eine umfassende Neuinterpretation eben dieses philosophischen Programms. Eine neue, moderne Art der Mathematik war dabei gewissermaßen ein „Nebenprodukt“.
Die Jury lobte insbesondere Lattmanns interdisziplinäre Methodik, die nicht nur in alle Bereiche der Altertumswissenschaften vordrang, sondern auch modernste (modell-) theoretische Wissenschaftsfelder einbezog. Dabei gelang ihm eine eindringliche, auch für Laien gut verständliche Darstellung und kam schließlich zu bahnbrechenden, auch für das Verständnis des heutigen Zustandes der Mathematik, höchst relevanten Ergebnissen.
Über die Publikation:
Lattmann, Claas. „Mathematische Modellierung bei Platon zwischen Thales und Euklid“. Reihe:Science, Technology, and Medicine in Ancient Cultures 9. Erschienen be De Gruyter. März 2019. ISBN: 978-3-11-061649-1
Kontakt:
PD Dr. Claas Lattmann
Institut für Klassische Altertumskunde
www.klassalt.uni-kiel.de/de/abteilungen/...
Quelle:
https://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/139-lattmann/
07.05.2019