Der Körper im politischen Diskurs der Antike
Universität Bern 17–19 November 2022
Call for Papers: Der Körper im politischen Diskurs der Antike
17. bis 19. November 2022, Universität Bern
- English version below -
Die politischen Systeme der Antike waren in starkem Maße durch direkte Interaktion zwischen
persönlich Anwesenden geprägt. In dieser für vormoderne Kulturen nicht untypischen Konstellation
kommt dem menschlichen Körper eine besondere Rolle zu. Einerseits nämlich geschieht
Kommunikation unter Anwesenden immer auch über den Körper, andererseits können im Körper in
besonders wirkmächtiger Weise Identitäten, Hierarchien und Machtverhältnisse zum Ausdruck
kommen. Die Tagung zielt darauf ab, die Rolle des Körpers im politischen Prozess in einer auf die
gesamte griechisch-römische Antike gerichteten Perspektive zu beleuchten.
Orientierend soll dabei die Frage nach der Rolle des Körpers im politischen Diskurs wirken. Unter dem
Begriff des politischen Diskurses wird hier die Produktion von Wissensbeständen über Macht,
Mächtige und Praktiken der Machtverteilung verstanden, die sich in verschiedenen Medien äußern
kann: Wissensbestände über Körper und Macht werden nicht nur in textlichen Auseinandersetzungen
mit Körpern erzeugt, sondern sie liegen auch bildlichen Repräsentationen von Körpern zugrunde und
formen nicht zuletzt das körperliche Auftreten selbst. So verstanden, erleichtert der Begriff des
politischen Diskurses einen interdisziplinären Zugriff, in dem Text, Bild und Praxis gleichermaßen
Berücksichtigung finden.
Methodologisch liegt der Tagung die Beobachtung zugrunde, dass der Körper zwar kulturellen
Formungen unterliegt, dass er aber auch eine physische Widerständigkeit besitzt, die solche
Formungen notwendigerweise begrenzt. Diese nur scheinbare Paradoxie macht ihn im politischen
Diskurs auf doppelte Weise funktionalisierbar: Er kann einerseits zum Ideal oder zur Groteske geformt
werden, ja sogar metaphorisch die politische Ordnung als Ganze versinnbildlichen. Andererseits
verfügen die Teilnehmer am politischen Diskurs über physische Körper, die performativ in der
politischen Arena eingesetzt werden und deren Einsatz wiederum von anderen beobachtet und
interpretiert wird.
Ziel der Tagung ist es, im Rahmen einer diachronen Betrachtung Kontinuität und Wandel im politischen
Diskurs über den Körper vom Archaischen und Klassischen Griechenland über den Hellenismus und
das republikanische und kaiserzeitliche Rom bis in die Spätantike hinein nachzuverfolgen. Das
griechisch-römische Altertum bildet hier deshalb einen besonders interessanten Gegenstand, weil sich
für diesen Zeitraum die Rolle von Körperlichkeit in sich verändernden politischen Systemen – von der
autonomen Bürgergemeinde zur Monarchie – besonders gut nachzeichnen lässt. Darüber hinaus hat
sich in der Antike auch ein Wandel des Diskursrahmens vollzogen, der sich etwa in der sukzessiven
Etablierung des Christentums als einer in außerordentlichem Maße körperbezogenen Religion
manifestiert.
Folgende Aspekte sollen bei der Tagung im Zentrum stehen:
1. Die Politisierung des Körpers in Text und Bild: Inwiefern und warum kommt der Körper in der
literarischen Auseinandersetzung mit politischen Sachverhalten zur Sprache, z.B. im Rahmen der
politischen Theorie, der Rhetorik, der Panegyrik oder der Geschichtsschreibung? In welchem
Verhältnis stehen Körper und Politik zueinander in bildlichen Darstellungen, z.B. auf öffentlichen
Monumenten, auf Münzen, Vasen, Kameen oder Diptychen? Wie verhalten sich Schrift- und
Bildquellen zueinander? Ergeben sich aus ihnen miteinander korrespondierende oder voneinander
divergierende Diskurse?
Call for Papers: Der Körper im politischen Diskurs der Antike
17. bis 19. November 2022, Universität Bern
- English version below -
Die politischen Systeme der Antike waren in starkem Maße durch direkte Interaktion zwischen
persönlich Anwesenden geprägt. In dieser für vormoderne Kulturen nicht untypischen Konstellation
kommt dem menschlichen Körper eine besondere Rolle zu. Einerseits nämlich geschieht
Kommunikation unter Anwesenden immer auch über den Körper, andererseits können im Körper in
besonders wirkmächtiger Weise Identitäten, Hierarchien und Machtverhältnisse zum Ausdruck
kommen. Die Tagung zielt darauf ab, die Rolle des Körpers im politischen Prozess in einer auf die
gesamte griechisch-römische Antike gerichteten Perspektive zu beleuchten.
Orientierend soll dabei die Frage nach der Rolle des Körpers im politischen Diskurs wirken. Unter dem
Begriff des politischen Diskurses wird hier die Produktion von Wissensbeständen über Macht,
Mächtige und Praktiken der Machtverteilung verstanden, die sich in verschiedenen Medien äußern
kann: Wissensbestände über Körper und Macht werden nicht nur in textlichen Auseinandersetzungen
mit Körpern erzeugt, sondern sie liegen auch bildlichen Repräsentationen von Körpern zugrunde und
formen nicht zuletzt das körperliche Auftreten selbst. So verstanden, erleichtert der Begriff des
politischen Diskurses einen interdisziplinären Zugriff, in dem Text, Bild und Praxis gleichermaßen
Berücksichtigung finden.
Methodologisch liegt der Tagung die Beobachtung zugrunde, dass der Körper zwar kulturellen
Formungen unterliegt, dass er aber auch eine physische Widerständigkeit besitzt, die solche
Formungen notwendigerweise begrenzt. Diese nur scheinbare Paradoxie macht ihn im politischen
Diskurs auf doppelte Weise funktionalisierbar: Er kann einerseits zum Ideal oder zur Groteske geformt
werden, ja sogar metaphorisch die politische Ordnung als Ganze versinnbildlichen. Andererseits
verfügen die Teilnehmer am politischen Diskurs über physische Körper, die performativ in der
politischen Arena eingesetzt werden und deren Einsatz wiederum von anderen beobachtet und
interpretiert wird.
Ziel der Tagung ist es, im Rahmen einer diachronen Betrachtung Kontinuität und Wandel im politischen
Diskurs über den Körper vom Archaischen und Klassischen Griechenland über den Hellenismus und
das republikanische und kaiserzeitliche Rom bis in die Spätantike hinein nachzuverfolgen. Das
griechisch-römische Altertum bildet hier deshalb einen besonders interessanten Gegenstand, weil sich
für diesen Zeitraum die Rolle von Körperlichkeit in sich verändernden politischen Systemen – von der
autonomen Bürgergemeinde zur Monarchie – besonders gut nachzeichnen lässt. Darüber hinaus hat
sich in der Antike auch ein Wandel des Diskursrahmens vollzogen, der sich etwa in der sukzessiven
Etablierung des Christentums als einer in außerordentlichem Maße körperbezogenen Religion
manifestiert.
Folgende Aspekte sollen bei der Tagung im Zentrum stehen:
1. Die Politisierung des Körpers in Text und Bild: Inwiefern und warum kommt der Körper in der
literarischen Auseinandersetzung mit politischen Sachverhalten zur Sprache, z.B. im Rahmen der
politischen Theorie, der Rhetorik, der Panegyrik oder der Geschichtsschreibung? In welchem
Verhältnis stehen Körper und Politik zueinander in bildlichen Darstellungen, z.B. auf öffentlichen
Monumenten, auf Münzen, Vasen, Kameen oder Diptychen? Wie verhalten sich Schrift- und
Bildquellen zueinander? Ergeben sich aus ihnen miteinander korrespondierende oder voneinander
divergierende Diskurse?
zugrunde und wie steht das Wissen über den Körper in Beziehung zur Ausübung von Macht? Wie
werden schöne und hässliche, starke und schwache, gesunde und kranke, makellose und versehrte,
bekleidete und nackte Körper in politischen Kontexten wahrgenommen? Inwiefern werden der Körper
und dessen Bestandteile im politischen Diskurs symbolisch oder metaphorisch aufgeladen? Inwiefern
wird der Körper zum Gegenstand von Grenzziehungen, etwa mit Blick auf Status und Zugehörigkeit?
Welche Rolle spielen Geschlecht und Sexualität?
3. Praxis: Wie bewegen sich Körper im politischen Raum? Wie treten die am politischen Geschehen
beteiligten Personen und Personengruppen körperlich auf? Verfügen bestimmte soziale Gruppen über
einen spezifischen körperlichen Habitus? Auf welche Art und Weise werden körperliche Eigenschaften
und Verhaltensweisen im Rahmen politischer Interaktionen funktionalisiert? Welche Rolle spielt der
Körper im Kontext öffentlicher Rituale? Inwiefern werden Bilddarstellungen von Körpern in die
politische Praxis integriert?
4. Rezeption und Relevanz der Antike: Wie wird unser Blick auf antike Körper durch moderne
Wahrnehmungen der Antike geformt? Warum und unter welchen Voraussetzungen hat sich die
moderne Welt mit den Körpern der Antike beschäftigt und was lässt sich daraus für eine aktuelle
Perspektive auf Körper und Politik in der Antike mitnehmen? Was ist der Beitrag der
Altertumswissenschaften zur epochenübergreifenden Körpergeschichte? Was ist das historisch
Spezifische am antiken Verhältnis von Macht und Körper?
Der Call for Papers richtet sich an WissenschaftlerInnen aller altertumswissenschaftlichen Disziplinen.
Zu den bestätigten Sprechern zählen Véronique Dasen (Fribourg), Thomas Späth (Bern) und Adrian
Stähli (Harvard). Vorträge können in deutscher, englischer oder französischer Sprache gehalten
werden und sollten ca. 30 Minuten dauern. Bei Interesse senden Sie bitte bis zum 15.05.2022 ein
Abstract von maximal 300 Wörtern sowie einen knappen wissenschaftlichen Lebenslauf an
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Kosten für Anreise und Aufenthalt können (unter Vorbehalt der Finanzierung)
vollständig übernommen werden.
Call for Papers: The Body in Ancient Political Discourse
17th to 19th November 2022, University of Bern
It is a characteristic feature of the political systems of Antiquity that they were based on face-to-face
interaction. In this constellation, typical of pre-modern cultures, the human body plays a prominent
role: not only does communication in personal presence necessarily involve physicality, but the body
can also express identities, hierarchies and power relations in a particularly powerful way. Against this
background, the conference aims to examine the role of the body in the political process in a
perspective spanning Greco-Roman antiquity as a whole, using as an orientation the question of the
significance of the body for the development of political discourse. The term of “political discourse” is
thereby understood in the sense of the production of knowledge (in various media) about power and
the powerful as well as about practices of power distribution. Knowledge about bodies and power is
not only created in textual descriptions of bodies, but it also underlies their pictorial representations
and, ultimately, shapes bodily appearances themselves. Understanding the term in this broad sense
can therefore facilitate an interdisciplinary approach that integrates texts, images and practices.
themselves are shaped through culture and discourse; on the other hand, bodies possesses a physical
resistiveness that necessarily limits such formations. This double nature makes the body functional in
political discourse in a double way: it can be shaped into an ideal or a grotesque, even metaphorically
symbolising the political order as a whole, but the participants in political discourse also possess
physical bodies that are used performatively in the political arena and whose use is in turn observed
and interpreted by others.
The aim of the conference is to trace continuities and changes in political discourse on the body from
Archaic and Classical Greece through Hellenism, Republican and Imperial Rome to Late Antiquity.
Greco-Roman Antiquity is a particularly interesting case here because the role of corporeality in
changing political systems – from autonomous civic community to monarchy – can be traced
particularly well for this period. In addition, a change in the framework of discourse also took place
throughout Antiquity that manifested itself, for example, in the successive establishment of
Christianity as an extraordinarily body-related religion.
The conference will focus on the following aspects:
1. Politicising the body in text and image: To what extent and why does the body enter the literary
discussion of political issues, e.g. in the context of political theory, rhetoric, panegyric or
historiography? What is the relationship between the body and politics in visual representations, e.g.
on public monuments, on coins, vases, cameos or diptychs? How do written and visual sources relate
to each other? Do they give rise to corresponding or diverging discourses?
2. Bodily Concepts: What conceptions underlie ancient thinking about bodies and power and how does
knowledge about the body relate to the exercise of power? How are beautiful and ugly, strong and
weak, healthy and sick, immaculate and disfigured, clothed and naked bodies perceived in political
contexts? To what extent are the body and its components symbolically or metaphorically charged in
political discourse? Inhowfar does the body become the object of demarcation, for example with
regard to status and identity? What role do gender and sexuality play?
3. Practice: How do bodies move in political space? How do persons and groups of persons involved in
political events appear physically? Do certain social groups have a specific bodily habitus? In what ways
are bodily characteristics and behaviours functionalised in the context of political interactions? What
role does the body play in the context of public rituals? To what extent are images of the body
integrated into political practice?
4. Reception and relevance of Antiquity: How is our view of ancient bodies shaped by modern
perceptions of antiquity? Why and under what conditions has the modern world engaged with the
political bodies of Antiquity and what can be taken away from this for a present-day perspective on
bodies and politics in Antiquity? What is the contribution of Classical Studies to the history of the body
across epochs? What is historically specific about the ancient relationship between power and the
body?
The call for papers is addressed to scholars from all disciplines of classical studies. Confirmed speakers
include Véronique Dasen (Fribourg), Thomas Späth (Bern) and Adrian Stähli (Harvard). Presentations
can be given in German, English or French and should last approximately 30 minutes. If you are
interested, please send an abstract of no more than 300 words and a short CV to
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! by 15th May 2022. Travel and accommodation costs can be covered in full
(subject to funding.)