Neue Wege alter Fächer: Lehre gestalten in den Altertumswissenschaften
CfP
www.kleinefaecher.de
Universitäre Lehre ist ein Vexierbild akademischer Fächer. In ihr spiegelt sich, was ein Fach als seine Traditionen versteht und als zentrale Gegenstände, Methoden und Theorien ausmacht. In ihr werden aber auch Neuerungen erprobt, fachinterne und -externe Impulse verhandelt und die Weichen für den Nachwuchs gestellt, an den Hochschulen wie auch in außeruniversitären Berufsfeldern und in der Gesellschaft. Die Veranstaltungsreihe möchte die altertumswissenschaftliche Lehre im deutschsprachigen D-A-CH-Raum in den Blick nehmen, ihre aktuellen Rahmenbedingungen umreißen, Herausforderungen und Lichtblicke bilanzieren und Prognosen für die Fächer und deren Lehre wagen.
Alle Altertumswissenschaften stehen vor einer komplexen Gemengelage: Parallel zum Bologna-Prozess fusionierten einige Institute entweder innerhalb der Altertumswissenschaften oder mit anderen Nachbardisziplinen der Archäologie, Geschichts-, Literatur- und Kulturwissenschaften. Fachliche Verschiebungen trugen dazu bei, dass die Schnittmengen mit den naturwissenschaftlich-technischen Fächern und den Digital Humanities akzentuiert und teilweise in Studiengänge überführt wurden. Der allgemeine Trend zu Interdisziplinarität wurde über die Einführung von Verbundstudiengängen und in Deutschland im Zuge der Exzellenzinitiative im universitären Betrieb und der akademischen Sozialisation weiter befördert; die Internationalisierung hat scheinbar festgefügte Fachverständnisse und Fachtraditionen verschoben.
Rückwirkungen dieser Prozesse auf den Zuschnitt und die Identität der einzelnen Fächer bleiben naturgemäß nicht aus. Zudem sehen diese sich mit grundlegenden äußeren Forderungen konfrontiert. Die unzureichende Auslastung zahlreicher MA-Programme – zuletzt vom Rechnungshof Baden-Württemberg moniert (2024) – wird gerade von „kleinen Fächern“ kreative Antworten verlangen. Gleichzeitig sind die Forderungen von Studierenden und anderen Akteur*innen, neue Themen und Kompetenzen in der akademischen Ausbildung verstärkt abzubilden, mittlerweile unüberhörbar laut, so etwa mit dem Plädoyer der Leopoldina (2024), den Kulturgutschutz in die archäologischen Studienprogramme mit einzubeziehen und hierfür mit außeruniversitären Partnern zu kooperieren. Diese Stimmen pochen unter anderem darauf, dass ein altertumswissenschaftliches Studium auf eine Vielzahl an Berufsfeldern vorbereiten soll, die neben den universitären Arbeitsmarkt getreten sind. Zugleich wollen und müssen die Fächer Themen und Zugänge bewahren, die gegenwärtig wenig Beachtung finden, jedoch zukünftig wieder an Relevanz gewinnen könnten.
Zielgruppe und Ziele
Die Veranstaltungsreihe richtet sich gleichermaßen an Lehrende und Studierende der altertumswissenschaftlichen Fächer, aber auch an alle, die mit der Entwicklung und dem Management der einschlägigen Studiengänge betraut sind, sowie an Interessierte aus der Hochschuldidaktik und Lehr- und Lernforschung. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, zur Entwicklung und Zukunft der Lehre der altertumswissenschaftlichen Fächer in einen konstruktiven Dialog zu treten, Herausforderungen und Chancen zu beleuchten, Anregungen zu neuen Lehrformaten auszutauschen und die Vernetzung altertumswissenschaftlicher Fächer im deutschsprachigen D-A-CH-Raum zu befördern.
Die Fächerfamilie der Altertumswissenschaften verstehen wir dabei in einem betont weiten Sinn und hoffen insbesondere auf Stimmen aus folgenden Fächern: Ägyptologie, Altamerikanistik, Altorientalistik, Alte Geschichte, Archäoinformatik, Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, Archäometrie, Biblische Archäologie, Byzantinistik, Christliche Archäologie, Islamische Kunstgeschichte und Archäologie, Gräzistik, Historische Grundwissenschaften, Keltologie, Klassische Archäologie, Koptologie, Latinistik, Mittellatein und Neulatein, Numismatik, Papyrologie, Provinzialrömische Archäologie, Ur- und Frühgeschichte, Vorderasiatische Archäologie.
Um den aufgeworfenen Themen nachzugehen und Perspektiven verschiedener Akteur*innen einzubeziehen, gliedert sich die Veranstaltungsreihe in fünf thematische Blöcke:
Block 1 | Bestandsaufnahme: Innen- und Außenperspektiven
Termin: Donnerstag, 30.10.2025, 14.00–16.00 Uhr
Der erste Veranstaltungsblock beleuchtet den Stand und die Entwicklung der altertumswissenschaftlichen Fächer bzw. Studienangebote aus der Außen- und Innenperspektive. Die Beiträge sollten einen Überblick geben und sich nicht auf einen einzelnen Fachstandort beschränken.
Mögliche leitende Fragen für Beiträge sind:
- Wie hat sich die Lehre in den einzelnen altertumswissenschaftlichen Fächern mit der Umsetzung der Bologna-Reform und seither in den letzten Jahren entwickelt?
- Welche Rückwirkungen auf die Lehre hatten die Zusammenlegung einzelner Fächer und Verbundstrategien in Studiengängen?
- Welche Veränderungen auf die Lehre in den altertumswissenschaftlichen Fächern haben sich in Folge der Digitalisierung, aber auch der Corona-Pandemie ergeben?
Block 2 | Erwartungen: Studieren zwischen Academia und Arbeitsmarkt
Termin: Dienstag, 18.11.2025, 10.00–12.00 Uhr
Der zweite Veranstaltungsblock sammelt Stimmen zur Frage, welche Gegenstände, Methoden und Kompetenzen in den gegenwärtigen Studienprogrammen unterbelichtet bleiben, welche Anforderungen verschiedene Berufsfelder und außeruniversitäre Arbeitsmärkte mit sich bringen und wie in der akademischen Ausbildung unter den gegebenen Rahmenbedingungen hierauf reagiert werden kann.
Mögliche leitende Fragen für Beiträge sind:
- Welche Berufswege schlagen Absolvent*innen der altertumswissenschaftlichen Fächer ein, welche Anforderungen leiten sich aus diesen Berufsfeldern für die akademische Ausbildung ab und welche Erwartungen richten verschiedene Akteur*innen an die Universitäten?
- Wie gelingt in der universitären Ausbildung eine Balance aus berufsrelevanten Elementen und fachspezifischen Themen ohne unmittelbar ersichtliche Berufsrelevanz? Wie kann oder soll sich das Verhältnis zwischen methodenorientierten und gegenstandsbezogenen Inhalten gestalten?
- Welche Erweiterungen der Studiengänge sind möglich, welche thematischen Verschiebungen sind denkbar und welche Kompromisse sind angesichts der begrenzten Studienzeit und der curricularen Strukturen nötig?
Block 3 | Lehrpraxis: Chancen und Herausforderungen neuer Lehrformate
Termin: Montag, 8.12.2025, 14.00–16.00 Uhr
Im dritten Veranstaltungsblock richtet sich der Blick auf konkrete Fallbeispiele aus der Lehre, die mit Neuerungen experimentieren, die Balance mit Fachtraditionen suchen, Interdisziplinarität leben oder gezielt Anforderungen des Arbeitsmarktes in die akademische Ausbildung einbetten.
Mögliche leitende Fragen für Beiträge sind:
- Wie gelingt eine praktische Umsetzung des Ideals forschenden Lernens und lernenden Forschens in universitären Lehrformaten?
- Mit welchen Konzepten, Tools und infrastrukturellen Voraussetzungen wird in der altertumswissenschaftlichen Lehre experimentiert?
- Welche interdisziplinären Kooperationen werden in der Lehre erprobt und welche Chancen, aber auch Herausforderungen ergeben sich aus diesen?
- Welche allgemeineren Erkenntnisse für die Hochschuldidaktik ergeben sich aus Best-Practice-Beispielen, etwa aus Lehrforschungsprojekten, objektbezogenem Arbeiten in Sammlungen und Lehrkooperationen mit außeruniversitären Partnern?
Block 4 | Vernetzung: Verbundstrategien in den Altertumswissenschaften und darüber hinaus
Termin: Mittwoch, 14.01.2026, 10.00–12.00 Uhr
Der vierte Veranstaltungsblock stellt verschiedene Formen der Vernetzung in den Mittelpunkt und fragt nach zugrundeliegenden Strategien sowie Implikationen, Herausforderungen und Potenzialen für die Lehre in den altertumswissenschaftlichen Fächern.
Mögliche leitende Fragen für Beiträge sind:
- Welche Faktoren tragen zu einer gelungenen Vernetzung altertumswissenschaftlicher Fächer in gemeinsamen Verbundstudiengängen bei?
- Welche Trends gibt es bezüglich der Vernetzung von Altertumswissenschaften mit Fächern anderer Fachkulturen (bspw. Natur-, Ingenieurs-, Gesundheits-, Sozialwissenschaften) und auf welche Bedarfe reagieren diese?
- Welche standortübergreifenden und v.a. internationalen altertumswissenschaftlichen Verbünde konstituieren sich im D-A-CH-Raum und welche Strategien verfolgen diese in der Lehre?
- Welche neuen Formen der Vernetzung bringt die zunehmende Digitalisierung für die Altertumswissenschaften mit sich?
Block 5 | Resümee und Ausblick
Termin: Donnerstag, 29.01.2026, 14.00–16:30 Uhr
Ein abschließender fünfter Veranstaltungsblock wird die zentralen Inhalte der vorangegangenen Veranstaltungen über eine Podiumsdiskussion zusammenführen und übergreifende Ergebnisse formulieren.
Praktische Informationen
Die Veranstaltung findet digital über Zoom statt. Erbeten sind Vorträge in einer Länge von zehn Minuten, gefolgt von fünf Minuten für Verständnisfragen direkt im Anschluss an den jeweiligen Vortrag und einer übergreifenden Diskussion aller Vorträge des Blocks im Umfang von ca. 45 Minuten.
Wir freuen uns über die Einreichung von Abstracts im Umfang von bis zu 300 Wörtern und bitten um Angaben zum geplanten Vortrag (Titel, Zuordnung zu Block 1–4) und zur Person (Name, Einrichtung, Fachzuordnung). Bewerbungen per E-Mail an
Die Erträge der Veranstaltungsreihe sollen unter Beteiligung interessierter Referent*innen in einem gemeinsamen Zeitschriftenbeitrag dokumentiert werden. Zudem bietet das Portal Kleine Fächer (kleinefaecher.de) die Möglichkeit, einzelne Beiträge und Best-Practice-Beispiele aus der Lehre online zu publizieren.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte gerne an die oben genannte E-Mail-Adresse.
Idee und Konzept
Dr. Katharina Bahlmann (Arbeitsstelle Kleine Fächer, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Dr. Matthias Hoernes (Institut für Klassische Archäologie, Universität Wien)
Prof. Dr. Peter Kruschwitz (Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik, Universität Wien)
Hannes Weichert M.A. (Arbeitsstelle Kleine Fächer, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Autor*in
Arbeitsstelle Kleine Fächer, Matthias Hoernes, Peter Kruschwitz24.02.2025
