Bildtechnik. Archäologische Visualisierungskulturen im Wandel
Workshop am Institut für Archäologie, Fachbereich Klassische Archäologie der Universität Zürich.
Seit jeher ist die mittel- und aussereuropäische Beschäftigung mit der materiellen Kultur des antiken Mittelmeerraumes von einer räumlichen Entfernung zum Original und damit von der Notwendigkeit geprägt, diese Distanz medial zu überbrücken. Daraus entstanden diverse Kulturen der Visualisierung, die sich nicht zuletzt auch als erkenntnisbildende Praktiken konstituierten. Zugleich nahmen technische Neuerungen signifikanten Einfluss auf Verbreitungs- und Darstellungsformen archäologischer Objekte und Monumente, sowie deren Untersuchung.
Derzeit provozieren insbesondere computergestützte Visualisierungsmethoden vermeintlich neuartige Diskurse und Fragen nach Epistemologie, Methodologie, Materialität oder Originalität des Darstellungsgegenstandes. Für die Bearbeitung dieser scheinbar neuen Impulse kann die Geschichte der Klassischen Archäologie selbst mitsamt ihren vielfältigen Visualisierungs-traditionen als Referenzrahmen fungieren, um aktuelle Entwicklungen nicht allein als technische Innovationen zu vereinzeln, sondern als Transformation oder gar Fortsetzung bestehender und etablierter wissenschaftlicher Praktiken zu verstehen.
Diese Hinwendung zur eigenen Fachgeschichte stellt den konzeptuellen Impuls des Workshops dar, in dem archäologische Visualisierungsformen, ihr epistemologisches Potenzial und ihre Verschränkung mit dem medientechnologischen Wandel befragt werden. Durch Perspektiven auf die disziplinäre Vergangenheit soll nicht zuletzt ein Verständnis unseres bild- und kulturwissenschaftlichen Faches als zugleich bild- und kulturschaffendes Fach angeregt werden.
Mögliche thematische Zugänge umfassen:
Visualisierung und Objekt
- Welche Aspekte des archäologischen Gegenstandes treten je nach Visualisierungstechnik in den Vorder- oder Hintergrund? Wie strukturieren Visualisierungen wissenschaftliche Zugänge, Deutungen oder Kategorisierungen? Auf welche Weise unterstützen Visualisierungen Prozesse der wissenschaftlichen Konsensbildung und worin liegt ihr diskursives Potenzial?
- Wie können wir mit archäologischen Methoden auf bildschaffende Traditionen des eigenen Faches blicken?
Visualisierung als Erkenntnispraxis
- Wie gestalten sich epistemische Prozesse der archäologischen Visualisierung und wie können sie fruchtbar gemacht werden? Welche epistemischen Verluste drohen, wenn das eigene Sehen und Begreifen im Prozess der Darstellung entfällt oder delegiert wird, beispielsweise durch computergestützte Automatisierung?
- Wie ist das Verhältnis zwischen subjektiver Wahrnehmung und wissenschaftlicher Objektivierung in bildbasierten Verfahren? Welche Erkenntnisse können aus der Untersuchung individueller Darstellungspraktiken von einzelnen Akteur:innen gewonnen werden?
Medientechnische und technikhistorische Perspektiven
- Inwieweit nehmen technische Entwicklungen – von der frühen Verwendung von Fotografie bis hin zur digitalen 3D-Modellierung – Einfluss auf archäologische Paradigmen?
- Welche Darstellungstechnik wird bei gleichzeitiger Verfügbarkeit zweckmässiger Alternativen zur Darstellung archäologischer Inhalte präferiert und warum? Lassen sich Strategien feststellen, die den Einsatz insbesondere neuer Techniken begleiten, sie begründen oder gar rechtfertigen?
Der Workshop richtet sich an Nachwuchswissenschaftler:innen (Doktorand:innen und Postdoktorand:innen) der Klassischen Archäologie, aber auch angrenzender Disziplinen (wie Wissenschafts- und Technikgeschichte, Bauforschung, Bildwissenschaft, Digital Humanities). Beiträge können theoretisch-reflexiv, fallstudienbasiert oder methodenanalytisch angelegt sein und sowohl die Fachgeschichte, wie auch die disziplinäre Gegenwart betreffen. Wir begrüssen zudem bild- und medienwissenschaftliche, sowie kunsthistorische Zugriffe. Willkommen sind auch Beitragsformate, die sich experimentell oder auch methodenkritisch mit Visualisierungspraktiken auseinandersetzen. Die Veranstaltung ist als diskursive Arbeitsplattform konzipiert, die einen offenen Austausch anregen soll.
Begleitet wird der Workshop von Prof. Dr. Corinna Reinhardt und Prof. Dr. Andreas Grüner (FAU Erlangen-Nürnberg).
Interessent:innen sind herzlich eingeladen, bis zum 20. September 2025 ein Abstract für einen Vortrag von 25-30 Minuten (max. 300 Wörter) und einen kurzen CV per Mail an die Organisator:innen Sophie Preiswerk und Oliver Bruderer via
Die Auswahl der Beiträge erfolgt bis Ende Oktober 2025. Reise- und Übernachtungskosten werden übernommen. Die Anreise nach Zürich sollte klimafreundlich erfolgen.



