Aktuelles aus der Mommsen-Gesellschaft
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Apr 09Mittwoch, 09. April 2025 08:20
Manfred Clauss (16.8.1945 – 20.1.2025)
Ein Universalhistoriker der Antike
Am 20.01.2025 verstarb unerwartet Manfred Clauss, emeritierter Ordinarius für Alte Geschichte, im Alter von 79 Jahren. Die Altertums- und Geschichtswissenschaften haben dadurch einen ihrer profiliertesten Vertreter verloren. Clauss, geboren 1945 in Köln, hat Geschichte, Katholische Theologie und Philosophie studiert. Er wurde 1973 in Bochum mit einer Arbeit zur römischen Heeresgeschichte promoviert. 1976 erfolgte in Bonn eine zweite Promotion, und zwar in Katholischer Theologie (Kirchengeschichte). Während seiner Assistentenzeit an der FU Berlin konnte sich Clauss im Jahr 1979 wiederum in Alter Geschichte mit einer Studie zum magister officiorum in der Spätantike habilitieren. Bereits 1980 wurde Clauss auf eine Professur für Alte Geschichte an die Universität Siegen berufen. Es folgten Ordinariate an den Universitäten Eichstätt, Berlin (FU) und zuletzt Frankfurt a.M. Seine akademischen Leistungen wurden mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, so dem Ausonius-Preis der Universität Trier (2007) sowie zwei Ehrendoktoraten der Universität Potsdam (2009) und der Université de Lorraine (2015).
Das wissenschaftliche Werk von Clauss ist in mehrfacher Hinsicht als außergewöhnlich zu bezeichnen. Zunächst einmal ist es schon rein quantitativ bedeutsam, denn Clauss war ein sehr produktiver Wissenschaftler. Noch beeindruckender ist aber ein anderer Aspekt: Clauss war der vielleicht letzte Universalhistoriker des Altertums. So hat er sich intensiv mit der Geschichte des Judentums und des Alten Ägyptens beschäftigt. Im Bereich der griechischen Geschichte ist insbesondere auf Clauss’ Interesse an Sparta zu verweisen.
Seinen wissenschaftlichen Wurzeln, die im Bereich der römischen Geschichte lagen, ist Clauss ebenfalls immer treu geblieben. Die vielleicht wichtigsten Impulse sind von Clauss’ Arbeiten zur antiken Religionsgeschichte ausgegangen. Das gilt insbesondere für seine umfassenden Studien zur Verehrung des Gottes Mithras sowie zum Kaiserkult im Römischen Reich. Auf diesem Terrain konnte Clauss seine wissenschaftlichen Stärken voll entfalten: Zum einen ist dabei auf seine detaillierte Arbeit an den Quellen zu verweisen. Zum anderen sind Clauss’ Fähigkeit und sein Mut zur weit ausgreifenden Synthese hervorzuheben. So ist sein mehrfach aufgelegtes Mithras-Buch der wohl gelungenste Gesamtentwurf zu diesem Phänomen. Dabei hat sich Clauss nicht vor Zuspitzungen und mitunter provokant erscheinenden Aussagen gescheut, indem er etwa gleich zu Beginn seiner Monographie zum römischen Kaiserkult herausstellte, dass der Herrscher des Imperium Romanum im Bewusstsein vieler Zeitgenossen bereits zu Lebzeiten eine vollgültige Gottheit war.
Am stärksten fortleben wird Manfred Clauss aber ohne Zweifel durch die von ihm mit visionärem Geist vorangetriebene Etablierung eines Arbeitsinstruments, das die wissenschaftliche Beschäftigung mit der lateinischen Epigraphik revolutioniert hat, nämlich die Epigraphische Datenbank Clauss–Slaby (EDCS). Deren Aufbau hat Clauss bereits in den 80er-Jahren des 20. Jhs. begonnen und dann mit Unterstützung des Eichstätter Informatikers Wolfgang Slaby fortgeführt. Daraus ist im Laufe der Jahre eine beeindruckende Sammlung von über 500.000 epigraphischen Zeugnissen erwachsen, womit weit über 90% der bekannten lateinischen Inschriften erfasst sein dürften. Dadurch ist die EDCS für jeden Forscher, der zur römischen Geschichte und zur antiken Epigraphik arbeitet, zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel geworden.
Der Einfluss und das Wirken von Manfred Clauss waren aber keineswegs auf die engere Fachwelt begrenzt – ganz im Gegenteil: Es war ihm immer ein großes Anliegen, akademisches Wissen an eine nicht-universitäre Öffentlichkeit zu vermitteln. So hat sich Clauss sich immer wieder in Fernsehbeiträgen, publizistischen Arbeiten und durch die Mitwirkung an Ausstellungen an ein breiteres Publikum gewandt. Durch diese vielfältigen Aktivitäten war er so gut bekannt wie kaum ein zweiter Althistoriker. Nur kurz sei erwähnt, dass Clauss auch als Wissenschaftsorganisator Großes geleistet hat: Er war von 1989 bis 1993 als Vorsitzender der Mommsen-Gesellschaft tätig. Zudem hat er lange als Mitherausgeber der Zeitschrift Klio fungiert. Schließlich ist noch auf einen Bereich einzugehen, den ich aus eigener Erfahrung einzuschätzen vermag: An all seinen akademischen Wirkungsstätten war Manfred Clauss ein ungemein engagierter und motivierender Hochschullehrer.
All dies fügt sich zu einem eindrucksvollen Gesamtbild zusammen: Ein Universalhistoriker, der alle Epochen der Antike vom Alten Israel und Ägypten bis zur Spätantike bearbeitet hat; ein ungemein produktiver Forscher, der Grundlagenarbeit an den Quellen mit weitgefassten Synthesen verband; ein sprachgewandter Wissenschaftler, der sowohl die Fachwelt stetig durch neue Impulse angeregt als auch der breiteren Öffentlichkeit Fachwissen vermittelt hat; und ein hoch motivierter Lehrer. Über allem aber stand der Mensch Manfred Clauss. Hervorstechend war vor allem seine Großzügigkeit: Er war großzügig im intellektuellen Austausch, indem er seinen Schülern alle wissenschaftlichen Freiheiten ließ, und er war großzügig als Person – in jedweder Hinsicht. Als großer Forscher und ungemein großzügiger Mensch wird er in Erinnerung bleiben.
Christian Witschel (Universität Heidelberg)
Für die Mommsen-Gesellschaft:Dominik Maschek (Erster Vorsitzender) – Jürgen Hammerstaedt (Zweiter Vorsitzender) - Aktuelles aus der Mommsen-Gesellschaft
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Mrz 18Dienstag, 18. März 2025 10:40
Am 13. und 14.03.2025 hat der 8. Norddeutsche Doktorand:innenworkshop der Altertumswissenschaften (NDAW) in Potsdam stattgefunden. Der NDAW findet jährlich an einer der teilnehmenden Universitäten der norddeutschen Bundesländer (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein) statt und versteht sich als interdisziplinäres Forum für Doktorand:innen, die ein Dissertationsprojekt im Bereich der klassischen Altertumswissenschaften verfassen. Auch dieses Mal wurde auf ein Workshop-Oberthema verzichtet, sodass die insgesamt 11 Referent:innen die Möglichkeit hatten, einen Beitrag zu ihrem eigenen Dissertationsprojekt vorzustellen und zu diskutieren und dabei eigene inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Beim NDAW an der Universität Potsdam fanden sich so Vorträge und Diskussionen aus vielen verschiedenen altertumswissenschaftlichen Fachdisziplinen – der Ur- und Frühgeschichte, der Lateinischen und Griechischen Philologie, der (maritimen) Archäologie und der Alten Geschichte – zusammen. Zusätzlich bereicherten interessierte Masterstudierende, Postdocs und Promovierende ohne eigenen Vortrag (sowohl aus Potsdam als auch von außerhalb) den NDAW durch ihre Teilnahme und ihre Diskussionsbeiträge. Begrüßt wurden die Teilnehmenden von Prof. Dr. Carlà-Uhink (Alte Geschichte) und Prof. Dr. Wesselmann (Klassische Philologie). In den Grußworten wurde deutlich, dass der NDAW als große Chance des freien Wissensaustausches und der fruchtbaren Diskussion gesehen werden kann, welche – mit Verweis auf die aktuelle Situation in den USA – als nicht selbstverständlich gelten kann. Von der Untersuchung bronzezeitlicher Siedlungs- und Rituallandschaft über eine philologische Betrachtung des ‚Vorgartens‘ des Älteren Plinius bis hin zur Emotionsforschung für das klassische Athen wurden unterschiedlichste Thematiken der Altertumswissenschaften in den Fokus genommen und zur Diskussion gestellt. Es entstand eine rege Diskussion nach jedem einzelnen Vortrag, so dass die Gespräche oftmals in die Pausen übergingen. Dabei deckten die vorgestellten Promotionsprojekte in Hinblick auf Thema, Methodik, aber auch zeitlicher Verortung eine große Bandbreite ab, was dem 8. NDAW äußerst zu Gute kam und ihn ungemein bereicherte. Insgesamt erwies sich der 8. NDAW als ein Forum, welches die Möglichkeit bot, den eigenen fachlichen Horizont zu erweitern, auf interessierte Nachfragen zum eigenen Vortrag einzugehen sowie wertvolle Anregungen aus ganz unterschiedlichen fachlichen Perspektiven für die eigene Forschung mitzunehmen.
Am ersten Tag fand ein Abendvortrag statt, welcher von Frau PD Dr. Monica Berti zum Thema Digital Technologies for the Ancient World gehalten wurde. Dieser Vortrag richtete sich an die gesamte Hochschulöffentlichkeit und bekam, dadurch dass er auf Englisch gehalten wurde und für eine angedachte Veröffentlichung aufgezeichnet wurde, internationalen Charakter. Den Abschluss des ersten Workshop-Tages bildete ein gemeinsames Abendessen in der Trattoria Amalfi in Potsdam, bei dem die Anwesenden in angenehmer und gemütlicher Atmosphäre den Tag bei fachlichen und nicht-fachlichen Themen ausklingen ließen. Tatkräftige Unterstützung erhielt der 8. NDAW an beiden Workshop-Tagen durch zwei Hilfskräfte von der Professur für Geschichte des Altertums. Abgerundet wurde der zweite Tag durch die Vorstellung der Mommsen Gesellschaft durch Frau Macura, welche insgesamt auf große Begeisterung stieß. Insbesondere die Darlegung der vielseitigen Förderungsmöglichkeiten für Jungmitglieder und des wissenschaftlichen Nachwuchses rief viele Nachfragen und Interesse hervor. In diesem Zuge wurde auch die Möglichkeit aufgezeigt, eine Jungmitgliedschaft bei der Mommsen-Gesellschaft zu beantragen. Die Organisation und Durchführung des NDAW 2025 konnte nur so gut gelingen, da es viele helfende Hände in Potsdam gab und durch unsere Sponsoren ein finanzieller Möglichkeitsrahmen eröffnet wurde. Wir bedanken uns daher herzlich bei der Mommsen Gesellschaft, der Potsdam Graduate School (Pogs) und der Zentralen Forschungsförderung „UP – Innovative Ideen fördern“ der Universität Potsdam, ohne deren finanziellen Unterstützung der 8. NDAW in dieser Form nicht hätte stattfinden können.
Das Workshop-Programm und einen kleinen Rückblick des 8. NDAW finden Sie hier:
https://www.uni-potsdam.de/de/hi-altertum/projekte/8-norddeutscher-doktorandinnenworkshop-der-altertumswissenschaften - Aktuelles aus der Mommsen-Gesellschaft
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Mrz 08Freitag, 08. März 2024 21:57
Die Grabstätte von Theodor Mommsen und seiner Familie befindet sich auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof II im heutigen Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain. Sie ist in einem deplorablen Zustand. Die steinerne Einfassung steht schief, die umkränzenden Metallteile sind verrutscht und verrostet und die Bepflanzung ist ungepflegt. Die Wurzeln einer wild gewachsenen Esche gefährden auch die Standsicherheit der rückseitig abschließenden Ziegelmauer. Die Grabanlage ist durch einen kleinen Weg mit dem Familiengrab der Reimer verbunden: Der Verleger Georg Andreas Reimer war Marie Mommsens Vater und Theodor Mommsens Schwiegervater.
Manche werden den Beitrag von Stefan Rebenich in der FAZ vom 22. 8. 2023 gelesen haben. Inzwischen ist es gelungen, Friedhofsverwaltung, Bezirk, Landesdenkmalamt und untere Denkmalbehörde, Familie Mommsen und einige Kollegen, die sich verantwortlich fühlen, zusammenzubringen und einen Plan zur Wiederherstellung zu entwickeln. Dabei wird die Friedhofsverwaltung die Organisation übernehmen. Ein erklecklicher Anteil der geschätzten Kosten von insgesamt 23.000 € wird vom Freundesverein der Akademie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (Collegium pro Academia) übernommen, als erste Maßnahme das aufwändige Fällen des Baumes zu finanzieren. Die Familie Mommsen wird sich natürlich beteiligen und vielleicht wird es möglich sein, einen Antrag auf Zuwendung beim Denkmalamt zu erwirken.Wir bitten heute die Mitglieder der Mommsen-Gesellschaft, diese gemeinsame Anstrengung mit einer Spende zu unterstützen.
Bitte verwenden Sie als Spendenkonto das Konto des oben erwähnten Freundeskreises der Akademie:
Commerzbank AG
BIC: DRESDEFF120
IBAN: DE58 1208 0000 4094 6412 00
Stichwort: Grabstätte Theodor Mommsen
Spenden bis 200 € sind ohne gesonderte Quittung steuerlich abzugsfähig, Spendenquittungen werden aber auf Wunsch ausgestellt.