Hilferuf und Resolution der Studierenden des Fachbereichs Kulturwissenschaften in Frankfurt/M. betr. Kürzungen
Liebe Professoren, Dozierende, Mitarbeitende, Ehrenamtliche, Interessierte und Studierende der Archäologie,
als Studierende der Goethe-Universität Frankfurt wenden wir uns mit wenig erfreulichen Nachrichten an Sie. Das Dekanat unseres Fachbereichs sieht massive Streichungen, Kürzungen und Umstrukturierungsmaßnahmen vor, die Lehre und Forschung aller Institute unseres Fachbereichs - inklusive der Archäologie - enorm bedrohen.
Wir bitten deswegen um die Verbreitung des Inhalts der Mail, der angehängten Resolution
sowie der folgenden Petition über die zugänglichen Verteiler und Newsletter : https://www.change.org/Kürzungen_Goethe_SpuK
Folgend aufgeschlüsselt sind zudem die konkreten Maßnahmen für das Institut für Archäologische Wissenschaften Frankfurt:
1. Von den drei Professuren für Provinzialrömische Archäologie, Klassische Archäologie und Numismatik sollen lediglich 2 wiederbesetzt werden. Dies bedeutet eine mehrjährige Zusammenlegung der Provinzialrömischen und Klassischen Archäologie, was fachlich und strukturell höchst absurd ist.
2. Anschließend soll keine Wiederbesetzung der Numismatik Professur stattfinden. Zwar würde die Klassische Archäologie dann wiederbesetzt werden, so bedeutet das dann aber auch die Abschaffung des einzigen Studiengangs für Numismatik in Deutschland.
3. Die Professur für Islamische Archäologie und Kunstgeschichte soll nicht wiederbesetzt werden und würde die Streichung eines Studienganges bedeuten, der aktuell lediglich an 3 deutschen Universitäten studierbar ist.
4. Eine Herunterstufung der Professur für Vor- und Frühgeschichte würde mit dem Verlust der archäobotanischen Forschungsstelle einhergehen und senkt die Wahrscheinlichkeit der Besetzung mit einer forschungsstarken Person.
Vielen Dank und Freundliche Grüße
Jonathan Schmidt
i.A. der Fachgruppe "Vor- und Frühgeschichte"
Resolution Kürzungen FB 09
Bundesweit ist seit längerem eine strukturelle Unterfinanzierung der Universitäten zu
beobachten, die sich momentan in erheblichen Streichungen und Kürzungen zuspitzt, wovon
insbesondere die Sprach- und Kulturwissenschaften betroffen sind. Als Reaktion auf die
notwendigen Sparmaßnahmen auch an der Goethe-Universität entwickelte das Dekanat des
Fachbereichs 09 einen Entwurf (vorgelegt am 12.03.2024) für Streichungen, Kürzungen und
Umstrukturierungsmaßnahmen im Fachbereich 09 Sprach- und Kulturwissenschaften, die
erhebliche Einschränkungen und weitreichende Folgen für die gesamte Lehre und
Forschung am Standort Frankfurt bedeuten würden. Von diesen Kürzungen sind
hauptsächlich die Institute Afrikanistik, Archäologische Wissenschaften, Empirische
Sprachwissenschaft, Klassische Philologie, Kunstgeschichte, Kunstpädagogik und
Ostasiatische Philologien betroffen. Auf konstruktive Gegenvorschläge der Institute zu
Sparmaßnahmen ging das Dekanat nicht ein. Die studentischen Institutsgruppen der
Empirischen Sprachwissenschaft und der Klassischen Philologie sind bereits mit Petitionen
gegen die Streichungen ihrer Professuren an die Öffentlichkeit getreten. Kritische Artikel zur
Streichung der Latinistik-Professur wurden in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
(25.03.2024) und in der Frankfurter Rundschau (28./29.03.2024) veröffentlicht.
Abgestimmt werden soll über die Strategieentwicklung zur Vorlage beim Präsidium im
Fachbereichsrat am 17.04.2024. Einsicht in die Pläne erhielten die Vertreter*innen der
Institute erst am Tag vor der außerplanmäßigen Sitzung am 13.03.2024. Die neu berufenen
studentischen Vertreter*innen des Fachbereichsrats erhielten die Einladung inklusive der
Unterlagen zum angedachten Sparmaßnahmenpaket nicht.
Hiermit wenden sich die Studierenden der Fächer des Fachbereiches 09 gegen das
vorgeschlagene Maßnahmenpaket nun geschlossen an das Dekanat des Fachbereichs 09,
das Präsidium der Goethe-Universität und die Öffentlichkeit bzw. Politik.
Begründung
Die umfangreichen Einsparungen treffen den Kern einer Universität und führen zu einer
signifikanten Schwächung von Forschung und Lehre der Sprach- und Kulturwissenschaften
in Frankfurt am Main. Eine kontinuierliche sowie vielfältige Lehre und Forschung mit
unterschiedlichen Ausrichtungen, Schwerpunkten und Forschungsmeinungen kann nicht
mehr gewährleistet werden. Die zur Streichung vorgesehenen Lehrstühle repräsentieren vor
allem die sogenannten “kleinen Fächer”, welche für eine gesunde Universitätslandschaft von
großer Wichtigkeit sind. Wenn die Qualität in Lehre und Forschung zurückgeht, ist die
Zukunft der Institute auch nach den Kürzungsmaßnahmen nachhaltig gefährdet. So wird
nicht nur die Goethe- Universität im Vergleich zu anderen Universitäten für Studierende und
Forschende deutlich unattraktiver, sondern begünstigt ebenfalls das deutschlandweite
Aussterben einiger seltener und unterrepräsentierter Studienfächer. Besonders hier könnte
der Standort Frankfurt mit seiner bereits existierenden Vielzahl an kulturellen Institutionen
durch den Erhalt des Fächerreichtums der Sprach- und Kulturwissenschaften einen
wichtigen Beitrag leisten.
Stattdessen werden die Geisteswissenschaften an der Goethe-Universität chronisch
unterfinanziert – ein Trend, der ebenso national zu beobachten ist. Die geplanten Kürzungen
würden jegliche Möglichkeit der exzellenten Lehre und Forschung im Fachbereich 09 mittel-
und langfristig verhindern. Was würde Goethe dazu sagen? Eine Uni, die die Sprach- und
Kulturwissenschaften aushöhlt, kann dem Namen so nicht mehr gerecht werden.
Unsere Forderungen:
Aus diesen Gründen fordern wir, die Studierenden des Fachbereichs 09 Sprach- und
Kulturwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main,
- vom Dekanat FB 09,
(1.) finanzielle Transparenz mit den Instituten,
(2.) zukünftige Entwürfe mit einer Vorlaufzeit von mindestens einer Woche vor
dem Diskussionstermin vorzulegen,
(3.) die Illegitimierung des Abstimmungsergebnisses vom 17.11. zur
Strategieentwicklung im Fachbereichsrat, da die einzusparende Summe von
450.000€ auf inzwischen über 800.000€ korrigiert wurde. In diesem Rahmen
soll die Erarbeitung eines neuen Konzepts zur Strategieentwicklung unter
Nennung des aktuell einzusparenden Defizits im engen Austausch mit den
jeweiligen Instituten und Studierendenvertretungen stattfinden.
- von den Stimmberechtigten des Fachbereichsrat 09, am 17.04.24 gegen den
vom Dekanat vorgelegten Entwurf zu stimmen.
- vom Präsidium der Goethe-Universität, bei Vorlage dem Entwurf (12.03.2024)
des Dekanats 09 zu Streichungen und Kürzungen am Fachbereich 09 nicht
zuzustimmen, sollte dieser wider Erwarten im Fachbereichsrat 09
angenommen werden, da diese Entscheidung nicht die mehrheitliche
Meinung am Fachbereich widerspiegelt.
- von der derzeitigen Landesregierung in Hessen, gemäß ihres
Koalitionsvertrags (2024–2029), die finanzielle Förderung von Forschung und
Lehre in ihrer ganzen Breite an Hochschulen (Koalitionsvertrag 2024, S. 23)
und insbesondere die festgehaltene Förderung der Sprachen ernst zu
nehmen (Koalitionsvertrag 2024, S. 14).
- von den anderen Studierenden und der Öffentlichkeit, sich mit den
Studierenden des FB 09 zu solidarisieren, die Resolution und die Petition zu
teilen, sich gegen die geplanten weitreichenden Streichungen, Kürzungen und
Umstrukturierungsmaßnahmen zu stellen und konstruktive
Lösungsvorschläge zu unterstützen.
Auswahl an fachspezifischen Auswirkungen der
geplanten Einsparungsmaßnahmen
Archäologische Wissenschaften
Das Institut für Archäologische Wissenschaften an der Goethe Universität vereint eine
Vielzahl archäologischer Fächer, die einen geographischen Rahmen von Afrika über Asien
und den Vorderen Orient bis nach Mittel- und Nordeuropa abdecken und einen Zeitraum von
Prähistorischer Zeit bis in die Frühe Neuzeit umspannen. Die archäologischen Fächer sind
dabei nicht als Spezialisierungen zu verstehen; sie sind vielmehr eigenständige Disziplinen,
die sich durch die Behandlung von jeweils fachspezifischen Kultur- und Zeiträumen
auszeichnen. Zudem erfordern die an das Bachelorstudium anschließenden
fachspezifischen Masterstudiengänge ein grundständiges Studium der jeweils
eigenständigen Disziplinen. Diese verschiedenen Disziplinen schaffen mit ihren je eigenen
Diskursen, Forschungslandschaften und Netzwerken ein äußerst facettenreiches
Lehrangebot. In Kombination mit der guten Forschungsinfrastruktur und der
außergewöhnlichen Dichte an archäologischen Einrichtungen in Frankfurt und Umgebung
bietet dies ideale Voraussetzungen für interdisziplinäre archäologische Forschung und Lehre
an der Goethe-Universität.
Zu den archäologischen Fächern gehören:
● Altorientalische Philologie (AOP)
● Archäologie und Geschichte der Römischen Provinzen (AGRP)
● Archäologie von Münze, Geld und Wirtschaft/Numismatik (AMGW)
● Islamische Archäologie und Kunstgeschichte (IAKG)
● Klassische Archäologie (KLA)
● Vorderasiatische Archäologie (VA)
● Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie (VFG)
Ergänzt wird das breite Angebot am Institut durch das Nebenfach Archäometrie (AMET) mit
dem Forschungsschwerpunkt der Archäobotanik, wodurch die optimalen
Ausbildungschancen erweitert werden.
Die derzeit vom Dekanat vorgesehenen Streichungen, Kürzungen und
Umstrukturierungsmaßnahmen betreffen fast alle archäologischen Fächer:
1. Von den drei Professuren für Archäologie und Geschichte der Römischen Provinzen,
Klassische Archäologie sowie Numismatik sollen künftig nur noch zwei besetzt sein.
Die geplante vorübergehende Zusammenlegung von Archäologie und Geschichte
der Römischen Provinzen mit der Klassischen Archäologie ist weder nachvollziehbar
noch begründbar, da es sich um zwei verschiedene Fächer mit nur geringen
Berührungspunkten handelt. Nicht nur werden sich die sog. “Synergien” nicht
einstellen – im Gegenteil –, die Zusammenschließung beider Fächer und die
Vertretung durch nur eine Professur ist schlichtweg unmöglich, da nur für die
einzelnen Fächer eine venia legendi existiert. Klassische Archäolog*innen haben
keine Lehrbefugnis in der Archäologie und Geschichte der Römischen Provinzen und
vice versa. Ohne ein qualitätsvolles, fachspezifisches Studium der archäologischen
Fächer sinken die Chancen der Absolvent*innen der Goethe-Universität auf dem
nationalen und internationalen Arbeitsmarkt deutlich, wodurch sich eine große
Zukunftsunsicherheit einstellen würde. Dies wäre besonders ernüchternd, ist
Frankfurt hessenweit doch der einzige Standort, an dem die Archäologie und
Geschichte der römischen Provinzen angeboten wird und ist die Klassische
Archäologie doch eines der traditionsreichen Gründungsfächer der Goethe-
Universität. Der Verzicht auf die Wiederbesetzung der Professur für Numismatik
hätte sogar nationale Auswirkungen, da diese archäologische Wissenschaft
deutschlandweit ausschließlich in Frankfurt mit einer Professur vertreten ist und
somit ein Alleinstellungsmerkmal des Standorts Frankfurt im internationalen
Vergleich verloren ginge.
2. Darüber hinaus soll die gerade erst ins Leben gerufene und derzeit noch über
Drittmittel finanzierte Professur für Islamische Archäologie und Kunstgeschichte nicht
nachbesetzt und nicht an der Uni verstetigt werden. Dies grenzt an Hohn, ist doch
nicht vorstellbar, wie mit diesen Aussichten überhaupt Studierende angeworben,
Forschung betrieben und Gelder eingeworben werden sollen. Das sich noch im
Aufbau befindliche Fach steht somit schon vor seiner finalen Formierung bereits vor
dem Aus.
3. Gleichermaßen bedroht ist auch die Professur für Vor- und Frühgeschichtliche
Archäologie, die zwar „nur“ heruntergestuft werden soll, wobei allerdings eine
Mittelbau-Stelle wegfallen würde, die aktuell die Archäobotanik mit der zugehörigen
Lehr- und Forschungssammlung vertritt und zusätzlich kommissarisch das
Nebenfach Archäometrie koordiniert. Eine Herunterstufung dieser Professur hätte
folglich Auswirkungen auf insgesamt 2 Fächer und den Forschungszweig der
Archäobotantik. Demzufolge ist nicht nachzuvollziehen, warum die Professur für Vor-
und Frühgeschichtliche Archäologie heruntergestuft werden soll, zumal sie nach der
Streichung der Professur in Marburg die einzige Professur für dieses Fach in Hessen
ist.
Diese gänzlich unverständlichen Maßnahmen, die damit einhergehende Diskontinuität und
die fragliche Umsetzbarkeit hätten erhebliche Auswirkungen auf die Attraktivität des
Standorts Frankfurt: Wegen des unklaren Profils und der unsicheren Zukunft der betroffenen
archäologischen Fächer wäre einerseits mit einem Rückgang der Zahl der
Studienanfänger*innen aber auch Absolvent*innen zu rechnen, andererseits mit dem Verlust
von internationalen Parnteruniversitäten und -institutionen, Forschungsprojekten und
Geldern. Mit der geplanten Verwaschung der Fächer wäre auf lange Sicht schon der Weg zu
ihrer Abschaffung geebnet, wovon die Goethe- Universität und auch die Stadt Frankfurt
nachhaltig Schaden nehmen würden. Sollte es nicht genügend hochqualifizierte
Absolvent*innen archäologischer Fächer mit einem fachspezifischen Studium geben, wird
der Kulturgüterschutz sowohl in Hessen und Deutschland als auch darüber hinaus bei den
Kooperationspartnern im Ausland nachhaltig geschädigt.
Empirische Sprachwissenschaft
In der Sprachwissenschaft stellt die Lehre der Lautproduktion, -transmission sowie -
perzeption – die sogenannte Phonetik – einen elementaren Grundbaustein dar, da die
überwältigende Mehrheit der Sprachen der Welt (abgesehen von Gebärdensprachen)
mithilfe von gesprochenen Lauten realisiert wird. Entsprechend bildet das Studium der
Phonetik (inklusive der hierauf fußenden Phonologie, der Systematik von Sprachlauten, mit
welcher die Phonetik unter keinen Umständen gleichzusetzen ist) mit zwei Modulen einen
essentiellen Bestandteil im sogenannten Pflichtbereich des Bachelors Empirische
Sprachwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt. Beim Pflichtbereich handelt es sich
um Basiswissen – ähnlich einem Grundstudium –, das die Studierenden ganz unabhängig
davon, welchen der aktuell 16 angebotenen Schwerpunkte innerhalb des Bachelors
Empirische Sprachwissenschaft sie studieren, erwerben.
Es handelt sich bei fundierten Kenntnissen der Phonetik also um notwendige Grundlagen,
wenn man sich auf jegliche Art ernsthaft sprachwissenschaftlich mit der Erschließung von
Sprache(n) beschäftigen möchte.
Universitätspräsident Prof. Dr. Enrico Schleiff sagte in einem Interview der Zeit Online vom
3. Oktober 2021: „Alle Entwicklungen […] basieren immer auf Erkenntnissen der
Grundlagenforschung […] Wenn diese Quelle versiegt, wird der Fluss der Innovation
austrocknen“.
Nach dem aktuell vom Dekanat eingebrachten Maßnahmenpaket zur Strategieentwicklung
am Fachbereich 09 müssten diese Grundlagen weiterhin von Dozierenden mit prekären
Lehraufträgen vermittelt werden, da die im Entwurf vorgesehene E13-Dauerstelle, die
anstelle der bisherigen Phonetik-Professur etabliert werden soll, lediglich den Lehrbetrieb für
den Schwerpunkt Phonetik – als eine Art lebenserhaltende Maßnahme – aufrechtzuerhalten
versucht und mehr (beispielsweise qualitativ hochwertige Forschung) nicht bewerkstelligen
können wird.
Die Goethe-Universität Frankfurt am Main zeichnet sich aus sprachwissenschaftlicher Sicht
durch ihr breites Spektrum und die vielfältigen Möglichkeiten sprachwissenschaftlicher Lehre
und Forschung aus, da neben eines hochdiversen Sprachangebots beispielsweise auch
separate Lehrstühle für Phonetik und Phonologie existieren, die sehr unterschiedliche
Aufgaben abdecken. Der Lehrstuhl für Phonetik ist hierbei seit über einem Jahr nicht mehr
besetzt, wodurch der Schwerpunkt Phonetik nur sehr sporadisch angeboten werden konnte.
Wir als Studierende der Empirischen Sprachwissenschaft sehen dieses Potential aktuell
stark bedroht.
Die Attraktivität des Standorts Frankfurt für Studierende, die ein Studium der Phonetik in
Betracht ziehen, sowie qualifizierter Wissenschaftler*innen wäre somit im nationalen wie
auch internationalen Wettbewerb mittel- bis langfristig stark gemindert. Ausgebildete
Phonetiker*innen sind aus den Trends technologischer Entwicklungen der heutigen
Gesellschaften nicht wegzudenken, da Technologien wie Spracherkennung und
Sprachsynthese (bspw. Google, Alexa (Amazon), Cortana (Microsoft) etc.) in unser aller
Alltag fest verankert sind.
Klassische Philologie:
Die Streichung der Hälfte der altphilologischen Lehrstühle bedeutet de facto das Ende des
Instituts für Klassische Philologie an der Goethe-Universität, da sie die Marginalisierung
einer der beiden verschiedenen Sprachen zur Folge hätte: Forschung und Lehre auf hohem
Niveau in den beiden unterschiedlichen Sprachen, Ausbildung von Lehrkräften und
wissenschaftlichem Nachwuchs kann nicht von nur einer Person in beiden Fächern
gleichermaßen durchgeführt werden. Denn das würde bedeuten, dass eine Person für die
rund tausendjährige Literatur mit all ihren Gattungen in zwei klassischen Sprachen Expert:in
sein müsste. Dies hätte einen erheblichen Qualitätsverlust und damit Attraktivitätsverlust zur
Folge. Die Ausbildung von Latein- und Griechischlehrkräften, die doch gerade gesucht sind,
könnte in Frankfurt nicht mehr gewährleistet werden. Nicht zuletzt wird die
Zusammenstreichung des Instituts der kulturellen Bedeutung des Lateinischen und
Griechischen, der Geschichte Europas und dem Humanismus mitnichten gerecht. Eine
Universität, die die Professur für Latinistik streicht, verdient den Namen Goethes nicht.
“Im Herzen von Europa wollen wir Schulen ermutigen und besonders fördern, die sich der
europäischen Mehrsprachigkeit – einschließlich der alten europäischen Kultursprachen Latein
und Griechisch – widmen.” (Koalitionsvertrag 2024, S. 14)
Kunstgeschichte:
Das kunstgeschichtliche Institut in Frankfurt ist aktuell mit sieben Professuren bundesweit
eines der größten und renommiertesten Institute für Kunstgeschichte. In drei Studiengängen
(BA und MA Kunstgeschichte; MA Curatorial Studies) bietet das Institut ei n außergewöhnlich
breites Lehrangebot, das die gesamte westliche Kunst- und Architekturgeschichte von
Spätantike und Frühmittelalter bis zur Gegenwart umfasst – mit den Streichungen von drei
Professuren nach dem Entwurf des Dekanats wird dieses Forschungs- und Lehrangebot
zukünftig nicht mehr abgedeckt werden: Neben dem Wegfall der personenbezogenen
Städel-Kooperationsprofessur für die Bildkünste in Deutschland und den Niederlanden
zwischen Spätgotik und Barock (ca. 1500 bis 18. Jh.), ist eine Streichung der Professur für
Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt 18. und 19. Jahrhundert vorgesehen. Letztere soll
dem Entwurf zufolge durch eine Synergieprofessur (Visuelle Kultur, W3) mit dem Institut der
Kunstpädagogik ersetzt werden, die angesichts der grundsätzlich unterschiedlichen
Fächerschwerpunkte keinen Sinn ergibt. Hinzu kommt die Streichung der Professur Neuere
und Neueste Kunstgeschichte, Kunst- und Medientheorie (ca. 20. Jh.), wodurch nicht nur ein
Schwerpunkt unseres Instituts auf Filmtheorie wegfallen würde, sondern in Summe die
Lehre des Instituts den kunstgeschichtlichen Bereich ab dem 17. Jahrhundert bis 1950 nicht
mehr abgedeckt werden könnte. Das Dekanat schlägt vor, der thematische Schwerpunkt
dieser Professur könne stattdessen zusätzlich und ohne Aufstockung von der
Heisenbergprofessur für Gegenwartskunstgeschichte übernommen werden. Außen vor
bleiben bei diesen Überlegungen die hohen Studierendenzahlen der Kunstgeschichte,
insbesondere mit dem Schwerpunkt ab 1900, die bereits jetzt in diesen Seminaren zur
Überbelegung führen. Der Entwurf sieht zusätzlich eine Abstufung der Professur für
Architekturgeschichte und der Professur mit dem Schwerpunkt Kunst der frühen Neuzeit von
W3 auf W2 vor. Alles in allem bedeutet der Entwurf einen erheblichen Qualitätsverlust in
kunstgeschichtlicher Lehre und Forschung und einen starken Attraktivitätsverlust des
kunstgeschichtlichen Instituts Frankfurt am Main.
Forderungen
Die Studierenden des Fachbereichs 09 “Sprach- und Kulturwissenschaften” der
Goethe-Universität Frankfurt am Main fordern,
- vom Dekanat FB 09 für finanzielle Transparenz mit den Fachgruppen,
zukünftige Entwurfsvorlagen mit einer Vorlaufzeit von mindestens einer
Woche vor dem Diskussionstermin zugänglich zu machen, die gemeinsame
Erarbeitung eines neuen Entwurfs im Austausch mit den jeweiligen Instituten
und Fachgruppen unter Einbezug der jeweiligen Fachexpertise und unter
Einbezug der aktuellen tatsächlich einzusparenden Summen
- von den Stimmberechtigten des Fachbereichsrats 09 am 17. April 2024 gegen
den vom Dekanat vorgelegten Entwurf zu stimmen
- vom Präsidium, dem Plan zur Streichung der Professuren nicht zuzustimmen
- von der Landesregierung mehr Geld für Bildung und Universitäten bereit zu
stellen und die im Koalitionsvertrag festgehaltene auskömmliche und
verlässliche Finanzierung hessischer Hochschulen sowie Förderung der
Sprachen ernst zu nehmen
- von den anderen Studierenden und der Öffentlichkeit, sich mit den
Studierenden des FB 09 zu solidarisieren, die Resolution und die Petition zu
teilen und sich gegen die geplanten weitreichenden Kürzungen zu stellen.
Fachschaftsrat des Fachbereichs 09, 08.04.2024
als Studierende der Goethe-Universität Frankfurt wenden wir uns mit wenig erfreulichen Nachrichten an Sie. Das Dekanat unseres Fachbereichs sieht massive Streichungen, Kürzungen und Umstrukturierungsmaßnahmen vor, die Lehre und Forschung aller Institute unseres Fachbereichs - inklusive der Archäologie - enorm bedrohen.
Wir bitten deswegen um die Verbreitung des Inhalts der Mail, der angehängten Resolution
sowie der folgenden Petition über die zugänglichen Verteiler und Newsletter : https://www.change.org/Kürzungen_Goethe_SpuK
Folgend aufgeschlüsselt sind zudem die konkreten Maßnahmen für das Institut für Archäologische Wissenschaften Frankfurt:
1. Von den drei Professuren für Provinzialrömische Archäologie, Klassische Archäologie und Numismatik sollen lediglich 2 wiederbesetzt werden. Dies bedeutet eine mehrjährige Zusammenlegung der Provinzialrömischen und Klassischen Archäologie, was fachlich und strukturell höchst absurd ist.
2. Anschließend soll keine Wiederbesetzung der Numismatik Professur stattfinden. Zwar würde die Klassische Archäologie dann wiederbesetzt werden, so bedeutet das dann aber auch die Abschaffung des einzigen Studiengangs für Numismatik in Deutschland.
3. Die Professur für Islamische Archäologie und Kunstgeschichte soll nicht wiederbesetzt werden und würde die Streichung eines Studienganges bedeuten, der aktuell lediglich an 3 deutschen Universitäten studierbar ist.
4. Eine Herunterstufung der Professur für Vor- und Frühgeschichte würde mit dem Verlust der archäobotanischen Forschungsstelle einhergehen und senkt die Wahrscheinlichkeit der Besetzung mit einer forschungsstarken Person.
Vielen Dank und Freundliche Grüße
Jonathan Schmidt
i.A. der Fachgruppe "Vor- und Frühgeschichte"
Resolution Kürzungen FB 09
Bundesweit ist seit längerem eine strukturelle Unterfinanzierung der Universitäten zu
beobachten, die sich momentan in erheblichen Streichungen und Kürzungen zuspitzt, wovon
insbesondere die Sprach- und Kulturwissenschaften betroffen sind. Als Reaktion auf die
notwendigen Sparmaßnahmen auch an der Goethe-Universität entwickelte das Dekanat des
Fachbereichs 09 einen Entwurf (vorgelegt am 12.03.2024) für Streichungen, Kürzungen und
Umstrukturierungsmaßnahmen im Fachbereich 09 Sprach- und Kulturwissenschaften, die
erhebliche Einschränkungen und weitreichende Folgen für die gesamte Lehre und
Forschung am Standort Frankfurt bedeuten würden. Von diesen Kürzungen sind
hauptsächlich die Institute Afrikanistik, Archäologische Wissenschaften, Empirische
Sprachwissenschaft, Klassische Philologie, Kunstgeschichte, Kunstpädagogik und
Ostasiatische Philologien betroffen. Auf konstruktive Gegenvorschläge der Institute zu
Sparmaßnahmen ging das Dekanat nicht ein. Die studentischen Institutsgruppen der
Empirischen Sprachwissenschaft und der Klassischen Philologie sind bereits mit Petitionen
gegen die Streichungen ihrer Professuren an die Öffentlichkeit getreten. Kritische Artikel zur
Streichung der Latinistik-Professur wurden in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
(25.03.2024) und in der Frankfurter Rundschau (28./29.03.2024) veröffentlicht.
Abgestimmt werden soll über die Strategieentwicklung zur Vorlage beim Präsidium im
Fachbereichsrat am 17.04.2024. Einsicht in die Pläne erhielten die Vertreter*innen der
Institute erst am Tag vor der außerplanmäßigen Sitzung am 13.03.2024. Die neu berufenen
studentischen Vertreter*innen des Fachbereichsrats erhielten die Einladung inklusive der
Unterlagen zum angedachten Sparmaßnahmenpaket nicht.
Hiermit wenden sich die Studierenden der Fächer des Fachbereiches 09 gegen das
vorgeschlagene Maßnahmenpaket nun geschlossen an das Dekanat des Fachbereichs 09,
das Präsidium der Goethe-Universität und die Öffentlichkeit bzw. Politik.
Begründung
Die umfangreichen Einsparungen treffen den Kern einer Universität und führen zu einer
signifikanten Schwächung von Forschung und Lehre der Sprach- und Kulturwissenschaften
in Frankfurt am Main. Eine kontinuierliche sowie vielfältige Lehre und Forschung mit
unterschiedlichen Ausrichtungen, Schwerpunkten und Forschungsmeinungen kann nicht
mehr gewährleistet werden. Die zur Streichung vorgesehenen Lehrstühle repräsentieren vor
allem die sogenannten “kleinen Fächer”, welche für eine gesunde Universitätslandschaft von
großer Wichtigkeit sind. Wenn die Qualität in Lehre und Forschung zurückgeht, ist die
Zukunft der Institute auch nach den Kürzungsmaßnahmen nachhaltig gefährdet. So wird
nicht nur die Goethe- Universität im Vergleich zu anderen Universitäten für Studierende und
Forschende deutlich unattraktiver, sondern begünstigt ebenfalls das deutschlandweite
Aussterben einiger seltener und unterrepräsentierter Studienfächer. Besonders hier könnte
der Standort Frankfurt mit seiner bereits existierenden Vielzahl an kulturellen Institutionen
durch den Erhalt des Fächerreichtums der Sprach- und Kulturwissenschaften einen
wichtigen Beitrag leisten.
Stattdessen werden die Geisteswissenschaften an der Goethe-Universität chronisch
unterfinanziert – ein Trend, der ebenso national zu beobachten ist. Die geplanten Kürzungen
würden jegliche Möglichkeit der exzellenten Lehre und Forschung im Fachbereich 09 mittel-
und langfristig verhindern. Was würde Goethe dazu sagen? Eine Uni, die die Sprach- und
Kulturwissenschaften aushöhlt, kann dem Namen so nicht mehr gerecht werden.
Unsere Forderungen:
Aus diesen Gründen fordern wir, die Studierenden des Fachbereichs 09 Sprach- und
Kulturwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main,
- vom Dekanat FB 09,
(1.) finanzielle Transparenz mit den Instituten,
(2.) zukünftige Entwürfe mit einer Vorlaufzeit von mindestens einer Woche vor
dem Diskussionstermin vorzulegen,
(3.) die Illegitimierung des Abstimmungsergebnisses vom 17.11. zur
Strategieentwicklung im Fachbereichsrat, da die einzusparende Summe von
450.000€ auf inzwischen über 800.000€ korrigiert wurde. In diesem Rahmen
soll die Erarbeitung eines neuen Konzepts zur Strategieentwicklung unter
Nennung des aktuell einzusparenden Defizits im engen Austausch mit den
jeweiligen Instituten und Studierendenvertretungen stattfinden.
- von den Stimmberechtigten des Fachbereichsrat 09, am 17.04.24 gegen den
vom Dekanat vorgelegten Entwurf zu stimmen.
- vom Präsidium der Goethe-Universität, bei Vorlage dem Entwurf (12.03.2024)
des Dekanats 09 zu Streichungen und Kürzungen am Fachbereich 09 nicht
zuzustimmen, sollte dieser wider Erwarten im Fachbereichsrat 09
angenommen werden, da diese Entscheidung nicht die mehrheitliche
Meinung am Fachbereich widerspiegelt.
- von der derzeitigen Landesregierung in Hessen, gemäß ihres
Koalitionsvertrags (2024–2029), die finanzielle Förderung von Forschung und
Lehre in ihrer ganzen Breite an Hochschulen (Koalitionsvertrag 2024, S. 23)
und insbesondere die festgehaltene Förderung der Sprachen ernst zu
nehmen (Koalitionsvertrag 2024, S. 14).
- von den anderen Studierenden und der Öffentlichkeit, sich mit den
Studierenden des FB 09 zu solidarisieren, die Resolution und die Petition zu
teilen, sich gegen die geplanten weitreichenden Streichungen, Kürzungen und
Umstrukturierungsmaßnahmen zu stellen und konstruktive
Lösungsvorschläge zu unterstützen.
Auswahl an fachspezifischen Auswirkungen der
geplanten Einsparungsmaßnahmen
Archäologische Wissenschaften
Das Institut für Archäologische Wissenschaften an der Goethe Universität vereint eine
Vielzahl archäologischer Fächer, die einen geographischen Rahmen von Afrika über Asien
und den Vorderen Orient bis nach Mittel- und Nordeuropa abdecken und einen Zeitraum von
Prähistorischer Zeit bis in die Frühe Neuzeit umspannen. Die archäologischen Fächer sind
dabei nicht als Spezialisierungen zu verstehen; sie sind vielmehr eigenständige Disziplinen,
die sich durch die Behandlung von jeweils fachspezifischen Kultur- und Zeiträumen
auszeichnen. Zudem erfordern die an das Bachelorstudium anschließenden
fachspezifischen Masterstudiengänge ein grundständiges Studium der jeweils
eigenständigen Disziplinen. Diese verschiedenen Disziplinen schaffen mit ihren je eigenen
Diskursen, Forschungslandschaften und Netzwerken ein äußerst facettenreiches
Lehrangebot. In Kombination mit der guten Forschungsinfrastruktur und der
außergewöhnlichen Dichte an archäologischen Einrichtungen in Frankfurt und Umgebung
bietet dies ideale Voraussetzungen für interdisziplinäre archäologische Forschung und Lehre
an der Goethe-Universität.
Zu den archäologischen Fächern gehören:
● Altorientalische Philologie (AOP)
● Archäologie und Geschichte der Römischen Provinzen (AGRP)
● Archäologie von Münze, Geld und Wirtschaft/Numismatik (AMGW)
● Islamische Archäologie und Kunstgeschichte (IAKG)
● Klassische Archäologie (KLA)
● Vorderasiatische Archäologie (VA)
● Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie (VFG)
Ergänzt wird das breite Angebot am Institut durch das Nebenfach Archäometrie (AMET) mit
dem Forschungsschwerpunkt der Archäobotanik, wodurch die optimalen
Ausbildungschancen erweitert werden.
Die derzeit vom Dekanat vorgesehenen Streichungen, Kürzungen und
Umstrukturierungsmaßnahmen betreffen fast alle archäologischen Fächer:
1. Von den drei Professuren für Archäologie und Geschichte der Römischen Provinzen,
Klassische Archäologie sowie Numismatik sollen künftig nur noch zwei besetzt sein.
Die geplante vorübergehende Zusammenlegung von Archäologie und Geschichte
der Römischen Provinzen mit der Klassischen Archäologie ist weder nachvollziehbar
noch begründbar, da es sich um zwei verschiedene Fächer mit nur geringen
Berührungspunkten handelt. Nicht nur werden sich die sog. “Synergien” nicht
einstellen – im Gegenteil –, die Zusammenschließung beider Fächer und die
Vertretung durch nur eine Professur ist schlichtweg unmöglich, da nur für die
einzelnen Fächer eine venia legendi existiert. Klassische Archäolog*innen haben
keine Lehrbefugnis in der Archäologie und Geschichte der Römischen Provinzen und
vice versa. Ohne ein qualitätsvolles, fachspezifisches Studium der archäologischen
Fächer sinken die Chancen der Absolvent*innen der Goethe-Universität auf dem
nationalen und internationalen Arbeitsmarkt deutlich, wodurch sich eine große
Zukunftsunsicherheit einstellen würde. Dies wäre besonders ernüchternd, ist
Frankfurt hessenweit doch der einzige Standort, an dem die Archäologie und
Geschichte der römischen Provinzen angeboten wird und ist die Klassische
Archäologie doch eines der traditionsreichen Gründungsfächer der Goethe-
Universität. Der Verzicht auf die Wiederbesetzung der Professur für Numismatik
hätte sogar nationale Auswirkungen, da diese archäologische Wissenschaft
deutschlandweit ausschließlich in Frankfurt mit einer Professur vertreten ist und
somit ein Alleinstellungsmerkmal des Standorts Frankfurt im internationalen
Vergleich verloren ginge.
2. Darüber hinaus soll die gerade erst ins Leben gerufene und derzeit noch über
Drittmittel finanzierte Professur für Islamische Archäologie und Kunstgeschichte nicht
nachbesetzt und nicht an der Uni verstetigt werden. Dies grenzt an Hohn, ist doch
nicht vorstellbar, wie mit diesen Aussichten überhaupt Studierende angeworben,
Forschung betrieben und Gelder eingeworben werden sollen. Das sich noch im
Aufbau befindliche Fach steht somit schon vor seiner finalen Formierung bereits vor
dem Aus.
3. Gleichermaßen bedroht ist auch die Professur für Vor- und Frühgeschichtliche
Archäologie, die zwar „nur“ heruntergestuft werden soll, wobei allerdings eine
Mittelbau-Stelle wegfallen würde, die aktuell die Archäobotanik mit der zugehörigen
Lehr- und Forschungssammlung vertritt und zusätzlich kommissarisch das
Nebenfach Archäometrie koordiniert. Eine Herunterstufung dieser Professur hätte
folglich Auswirkungen auf insgesamt 2 Fächer und den Forschungszweig der
Archäobotantik. Demzufolge ist nicht nachzuvollziehen, warum die Professur für Vor-
und Frühgeschichtliche Archäologie heruntergestuft werden soll, zumal sie nach der
Streichung der Professur in Marburg die einzige Professur für dieses Fach in Hessen
ist.
Diese gänzlich unverständlichen Maßnahmen, die damit einhergehende Diskontinuität und
die fragliche Umsetzbarkeit hätten erhebliche Auswirkungen auf die Attraktivität des
Standorts Frankfurt: Wegen des unklaren Profils und der unsicheren Zukunft der betroffenen
archäologischen Fächer wäre einerseits mit einem Rückgang der Zahl der
Studienanfänger*innen aber auch Absolvent*innen zu rechnen, andererseits mit dem Verlust
von internationalen Parnteruniversitäten und -institutionen, Forschungsprojekten und
Geldern. Mit der geplanten Verwaschung der Fächer wäre auf lange Sicht schon der Weg zu
ihrer Abschaffung geebnet, wovon die Goethe- Universität und auch die Stadt Frankfurt
nachhaltig Schaden nehmen würden. Sollte es nicht genügend hochqualifizierte
Absolvent*innen archäologischer Fächer mit einem fachspezifischen Studium geben, wird
der Kulturgüterschutz sowohl in Hessen und Deutschland als auch darüber hinaus bei den
Kooperationspartnern im Ausland nachhaltig geschädigt.
Empirische Sprachwissenschaft
In der Sprachwissenschaft stellt die Lehre der Lautproduktion, -transmission sowie -
perzeption – die sogenannte Phonetik – einen elementaren Grundbaustein dar, da die
überwältigende Mehrheit der Sprachen der Welt (abgesehen von Gebärdensprachen)
mithilfe von gesprochenen Lauten realisiert wird. Entsprechend bildet das Studium der
Phonetik (inklusive der hierauf fußenden Phonologie, der Systematik von Sprachlauten, mit
welcher die Phonetik unter keinen Umständen gleichzusetzen ist) mit zwei Modulen einen
essentiellen Bestandteil im sogenannten Pflichtbereich des Bachelors Empirische
Sprachwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt. Beim Pflichtbereich handelt es sich
um Basiswissen – ähnlich einem Grundstudium –, das die Studierenden ganz unabhängig
davon, welchen der aktuell 16 angebotenen Schwerpunkte innerhalb des Bachelors
Empirische Sprachwissenschaft sie studieren, erwerben.
Es handelt sich bei fundierten Kenntnissen der Phonetik also um notwendige Grundlagen,
wenn man sich auf jegliche Art ernsthaft sprachwissenschaftlich mit der Erschließung von
Sprache(n) beschäftigen möchte.
Universitätspräsident Prof. Dr. Enrico Schleiff sagte in einem Interview der Zeit Online vom
3. Oktober 2021: „Alle Entwicklungen […] basieren immer auf Erkenntnissen der
Grundlagenforschung […] Wenn diese Quelle versiegt, wird der Fluss der Innovation
austrocknen“.
Nach dem aktuell vom Dekanat eingebrachten Maßnahmenpaket zur Strategieentwicklung
am Fachbereich 09 müssten diese Grundlagen weiterhin von Dozierenden mit prekären
Lehraufträgen vermittelt werden, da die im Entwurf vorgesehene E13-Dauerstelle, die
anstelle der bisherigen Phonetik-Professur etabliert werden soll, lediglich den Lehrbetrieb für
den Schwerpunkt Phonetik – als eine Art lebenserhaltende Maßnahme – aufrechtzuerhalten
versucht und mehr (beispielsweise qualitativ hochwertige Forschung) nicht bewerkstelligen
können wird.
Die Goethe-Universität Frankfurt am Main zeichnet sich aus sprachwissenschaftlicher Sicht
durch ihr breites Spektrum und die vielfältigen Möglichkeiten sprachwissenschaftlicher Lehre
und Forschung aus, da neben eines hochdiversen Sprachangebots beispielsweise auch
separate Lehrstühle für Phonetik und Phonologie existieren, die sehr unterschiedliche
Aufgaben abdecken. Der Lehrstuhl für Phonetik ist hierbei seit über einem Jahr nicht mehr
besetzt, wodurch der Schwerpunkt Phonetik nur sehr sporadisch angeboten werden konnte.
Wir als Studierende der Empirischen Sprachwissenschaft sehen dieses Potential aktuell
stark bedroht.
Die Attraktivität des Standorts Frankfurt für Studierende, die ein Studium der Phonetik in
Betracht ziehen, sowie qualifizierter Wissenschaftler*innen wäre somit im nationalen wie
auch internationalen Wettbewerb mittel- bis langfristig stark gemindert. Ausgebildete
Phonetiker*innen sind aus den Trends technologischer Entwicklungen der heutigen
Gesellschaften nicht wegzudenken, da Technologien wie Spracherkennung und
Sprachsynthese (bspw. Google, Alexa (Amazon), Cortana (Microsoft) etc.) in unser aller
Alltag fest verankert sind.
Klassische Philologie:
Die Streichung der Hälfte der altphilologischen Lehrstühle bedeutet de facto das Ende des
Instituts für Klassische Philologie an der Goethe-Universität, da sie die Marginalisierung
einer der beiden verschiedenen Sprachen zur Folge hätte: Forschung und Lehre auf hohem
Niveau in den beiden unterschiedlichen Sprachen, Ausbildung von Lehrkräften und
wissenschaftlichem Nachwuchs kann nicht von nur einer Person in beiden Fächern
gleichermaßen durchgeführt werden. Denn das würde bedeuten, dass eine Person für die
rund tausendjährige Literatur mit all ihren Gattungen in zwei klassischen Sprachen Expert:in
sein müsste. Dies hätte einen erheblichen Qualitätsverlust und damit Attraktivitätsverlust zur
Folge. Die Ausbildung von Latein- und Griechischlehrkräften, die doch gerade gesucht sind,
könnte in Frankfurt nicht mehr gewährleistet werden. Nicht zuletzt wird die
Zusammenstreichung des Instituts der kulturellen Bedeutung des Lateinischen und
Griechischen, der Geschichte Europas und dem Humanismus mitnichten gerecht. Eine
Universität, die die Professur für Latinistik streicht, verdient den Namen Goethes nicht.
“Im Herzen von Europa wollen wir Schulen ermutigen und besonders fördern, die sich der
europäischen Mehrsprachigkeit – einschließlich der alten europäischen Kultursprachen Latein
und Griechisch – widmen.” (Koalitionsvertrag 2024, S. 14)
Kunstgeschichte:
Das kunstgeschichtliche Institut in Frankfurt ist aktuell mit sieben Professuren bundesweit
eines der größten und renommiertesten Institute für Kunstgeschichte. In drei Studiengängen
(BA und MA Kunstgeschichte; MA Curatorial Studies) bietet das Institut ei n außergewöhnlich
breites Lehrangebot, das die gesamte westliche Kunst- und Architekturgeschichte von
Spätantike und Frühmittelalter bis zur Gegenwart umfasst – mit den Streichungen von drei
Professuren nach dem Entwurf des Dekanats wird dieses Forschungs- und Lehrangebot
zukünftig nicht mehr abgedeckt werden: Neben dem Wegfall der personenbezogenen
Städel-Kooperationsprofessur für die Bildkünste in Deutschland und den Niederlanden
zwischen Spätgotik und Barock (ca. 1500 bis 18. Jh.), ist eine Streichung der Professur für
Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt 18. und 19. Jahrhundert vorgesehen. Letztere soll
dem Entwurf zufolge durch eine Synergieprofessur (Visuelle Kultur, W3) mit dem Institut der
Kunstpädagogik ersetzt werden, die angesichts der grundsätzlich unterschiedlichen
Fächerschwerpunkte keinen Sinn ergibt. Hinzu kommt die Streichung der Professur Neuere
und Neueste Kunstgeschichte, Kunst- und Medientheorie (ca. 20. Jh.), wodurch nicht nur ein
Schwerpunkt unseres Instituts auf Filmtheorie wegfallen würde, sondern in Summe die
Lehre des Instituts den kunstgeschichtlichen Bereich ab dem 17. Jahrhundert bis 1950 nicht
mehr abgedeckt werden könnte. Das Dekanat schlägt vor, der thematische Schwerpunkt
dieser Professur könne stattdessen zusätzlich und ohne Aufstockung von der
Heisenbergprofessur für Gegenwartskunstgeschichte übernommen werden. Außen vor
bleiben bei diesen Überlegungen die hohen Studierendenzahlen der Kunstgeschichte,
insbesondere mit dem Schwerpunkt ab 1900, die bereits jetzt in diesen Seminaren zur
Überbelegung führen. Der Entwurf sieht zusätzlich eine Abstufung der Professur für
Architekturgeschichte und der Professur mit dem Schwerpunkt Kunst der frühen Neuzeit von
W3 auf W2 vor. Alles in allem bedeutet der Entwurf einen erheblichen Qualitätsverlust in
kunstgeschichtlicher Lehre und Forschung und einen starken Attraktivitätsverlust des
kunstgeschichtlichen Instituts Frankfurt am Main.
Forderungen
Die Studierenden des Fachbereichs 09 “Sprach- und Kulturwissenschaften” der
Goethe-Universität Frankfurt am Main fordern,
- vom Dekanat FB 09 für finanzielle Transparenz mit den Fachgruppen,
zukünftige Entwurfsvorlagen mit einer Vorlaufzeit von mindestens einer
Woche vor dem Diskussionstermin zugänglich zu machen, die gemeinsame
Erarbeitung eines neuen Entwurfs im Austausch mit den jeweiligen Instituten
und Fachgruppen unter Einbezug der jeweiligen Fachexpertise und unter
Einbezug der aktuellen tatsächlich einzusparenden Summen
- von den Stimmberechtigten des Fachbereichsrats 09 am 17. April 2024 gegen
den vom Dekanat vorgelegten Entwurf zu stimmen
- vom Präsidium, dem Plan zur Streichung der Professuren nicht zuzustimmen
- von der Landesregierung mehr Geld für Bildung und Universitäten bereit zu
stellen und die im Koalitionsvertrag festgehaltene auskömmliche und
verlässliche Finanzierung hessischer Hochschulen sowie Förderung der
Sprachen ernst zu nehmen
- von den anderen Studierenden und der Öffentlichkeit, sich mit den
Studierenden des FB 09 zu solidarisieren, die Resolution und die Petition zu
teilen und sich gegen die geplanten weitreichenden Kürzungen zu stellen.
Fachschaftsrat des Fachbereichs 09, 08.04.2024