Märtyrer und Stadt im 4. und 5. Jahrhundert
Susanne Froehlich (Greifswald/Darmstadt) und Johannes Hahn (Münster)
Tagung an der TU Darmstadt, 19.–21. Februar 2025
CfP: Märtyrer und Stadt im 4. und 5. Jahrhundert
Der christliche Märtyrerkult war im 3. Jh. ein geographisch wie lokal beschränktes
Phänomen. Unter Kaiser Konstantin und im weiteren Verlauf des 4. und 5. Jhs.
erlebte er jedoch eine atemberaubende Entwicklung: Die Märtyrerverehrung als re-
ligiöse christliche Praxis verbreitete sich in allen Regionen des Reiches und brachte
zugleich eine vielfältige Märtyrerliteratur hervor. Allerorten entstanden neue christ-
liche Kultorte, die martyria, und ebenso Schriften zu u. a. liturgischem Gebrauch,
welche den Gläubigen das Leiden und Heilsversprechen „ihrer“ Märtyrer vermitteln
sollten.
Der Märtyrerkult wurde dabei nicht nur für die rasch wachsenden christlichen
Gemeinden ein wichtiges Medium und elementarer Bestandteil ihres kulturellen
Gedächtnisses. In und vor den Städten angesiedelte martyria, Märtyrerverehrung,
-gedenktage und -feste als öffentlichen Manifestationen und Inszenierungen ent-
falteten ihre sinnstiftende Kraft zugleich für die Städte als Ganzes. Sie erreichten
die städtische Gesellschaft, erfüllten den urbanen Raum und transformierten, ver-
drängten bzw. ersetzten hier früher wirksame identitätsstiftende Praktiken, Narra-
tive und Monumente.
Diesem Transformationsprozess widmet sich die geplante Darmstädter Tagung,
wenn sie Märtyrerliteratur und Märtyrerverehrung im 4. und 5. Jh. im Handlungs-
zusammenhang der Stadt diskutiert. Indem sie die Schnittstellen zwischen Lite-
ratur, religiöser Praxis und Urbanistik in den Fokus nimmt, können verschiedene
Fachperspektiven und Quellengattungen miteinander ins Gespräch kommen. Zum
einen werden die Märtyrerkulte in den Städten des 4. und 5. Jhs. historisch und
archäologisch verortet: Wo in der Stadt sind martyria und Reliquien lokalisiert?
Wie sind die Kultorte ausgestattet? Welche Rolle wird Märtyrerkulten innerhalb
der Stadt zugesprochen? Welche Bedeutung haben sie für die städtische Identität?
Sind einflussreiche örtliche Patrone als Akteure auszumachen? Zum anderen werden
Märtyrertexte auf die Darstellung des Phänomens Stadt hin befragt: Welche topo-
graphischen, urbanistischen und infrastrukturellen Aspekte von Stadt kommen zur
Sprache? Sind Berührungspunkte zwischen erzählter Stadt und archäologisch nach-
weisbarer Stadt festzustellen? Welche Funktion hat die (pseudo-)topographische
Anbindung der Texte? Wird ein Gegensatz von Stadt und Land oder Zentrum und
Peripherie thematisiert?
Die Tagung verfolgt einen komparatistischen geographischen Ansatz und be-
rücksichtigt neben den großen Metropolen Rom, Konstantinopel und Antiocheia
urbane Zentren im Westen wie im Osten. Der relativ enge Betrachtungszeitraum
soll die Vergleichbarkeit der diskutierten Phänomene gewährleisten, vor allem aber
zugleich aufzeigen, dass diese Zeitspanne entscheidend für die Verbreitung des Phä-
nomens und von schlüsselhafter Bedeutung für die Christianisierung der spätantik-
mittelalterlichen Stadt und Kultur im Westen wie im Osten insgesamt ist.
Ausgewählte Literatur:
Robert Wiśniewski: The Beginnings of the Cult of Relics, Oxford 2019.
David L. Eastman: Martyrdom between Fiction and Memory, in: Bruce W. Longen-
ecker und David E. Wilhite [Hg.]: The Cambridge History of Ancient Christianity,
Cambridge 2024, 372–395.
Bereits feststehende Sprecher*innen und Themen:
Franz Alto Bauer (München): Thessaloniki
Susanne Froehlich (Greifswald/Darmstadt): Antiochia
Johannes Hahn (Münster): Alexandria
Aaltje Hidding (Oslo): Oxyrhynchos
Nathalie Klinck (Hamburg): Tipasa (Mauretanien)
Karen Piepenbrink (Gießen): Rom
Philipp Pilhofer (Rostock): Zypern
Matthias Sandberg (Münster): Mailand
Christian Stadermann (Greifswald): Aginnum (Gallien)
Nadine Viermann (Durham): Konstantinopel
Elena Weber (Münster): Arles
Themenvorschläge: Mit diesem CfP werden Themenvorschläge erbeten, die das
Programm über die bereits feststehenden Vorträge hinaus um weitere Städte erwei-
tern. Insbesondere würden wir uns über Beiträge zu Karthago und Korinth sowie
Fallbeispiele aus Illyricum und Hispanien freuen. Bewerbungen aus allen einschlä-
gigen Fachperspektiven sind willkommen. Bitte senden Sie Ihren Titelvorschlag
und eine Kurzskizze Ihres Themas im Umfang von ca. 2 000–3 000 Zeichen sowie
einen kurzen tabellarischen Lebenslauf an <
oder <
Deadline: 30. April 2024
Format: Geplant sind für jedes Thema ein Vortrag à 25 Minuten plus Diskussion à
20 Minuten. Die Hauptsprache der Konferenz ist Deutsch, Vorträge können aber
nach Absprache auch in anderen Sprachen gehalten werden.
Die Kosten für Reise und Unterbringung werden übernommen.
Publikation: Die Vorträge der Tagung sollen zeitnah in einem Sammelband veröf-
fentlicht werden.